Meldung
„Akademisierung der Therapieberufe – aktuelle Entwicklungen”
Deutschland hinkt hinterher
Der dbl hatte in seiner Meldung vom 13. Dezember 2024 auf die kostenlose Online-Veranstaltung des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) am 16. Januar 2025 aufmerksam gemacht. Die Veranstaltungsreihe „CHEtalk feat. DUZ Spotlight“ beleuchtete das Thema „Akademisierung der Therapieberufe“ aus unterschiedlichen Blickwinkeln: Wie ist die Lage in Deutschland und wie können deutsche Hochschulen von den Entwicklungen im Ausland lernen und profitieren?
Diese Gelegenheit zur Teilnahme haben zahlreiche Logopäd*innen genutzt und zudem ihre Präsenz durch eine rege Teilnahme im veranstaltungsbegleitenden Chat deutlich gemacht. In zwei Impulsvorträgen wurde einerseits auf die aktuelle Situation in Deutschland und andererseits auf die Entwicklung in der Schweiz eingegangen, die evtl. als Beispiel für eine gelungene Akademisierung der Therapieberufe dienen kann. Moderiert wurde die Veranstaltung von Melanie Rischke vom CHE Centrum für Hochschulentwicklung.
Nichts Neues unter der Sonne – Datenlage in Deutschland ist unzureichend
Dr. Sigrun Nickel und Anna-Lena Thiele präsentierten Zahlen, Daten, Fakten für die Therapieberufe (Ergotherapie, Logopädie, Physiotherapie) in Deutschland - vorgestellt wurden: Stand der Akademisierung, Studiengänge, Anzahl der Studierenden, Abbruchquoten, Akademisierungsquote der Berufe usw. Das Problem der unzureichenden Datenerfassung der Studiengänge der akademischen Sprachtherapie im Bereich Logopädie/Sprachtherapie wurde zwar angesprochen, führte aber nicht zu einer differenzierteren Betrachtung des Bereichs. Die hier präsentierten Daten geben also leider nicht die reale aktuelle Situation im Bereich Logopädie/Sprachtherapie wieder.
Blick über den Tellerrand:
Hochschulische Ausbildung der Therapieberufe in der Schweiz
In der Schweiz werden alle drei Therapieberufe ausschließlich hochschulisch ausgebildet. Prof. Dr. Dr. Andreas Gerber-Grote von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) präsentierte prägnant die Entwicklung von der beruflichen zur hochschulischen Ausbildung in der Physio- und Ergotherapie (Präsentation demnächst voraussichtlich hier verfügbar). Da die Logopädie in der Schweiz nicht den Gesundheitsberufen zugeordnet wird, war sie nicht Gegenstand der Darstellung. Aus Sicht von Prof. Gerber-Grote ist für eine qualitativ angemessene therapeutische Versorgung die hochschulische Ausbildung unabdingbar. Nach seiner Einschätzung wird die Entwicklung in Deutschland insbesondere durch drei Faktoren behindert: arztorientierte Hierarchie, mangelndes Wissen zu den Berufsbildern auf Seiten der Politik und die Sorgen um Finanzierbarkeit der Ausbildung. Zur langfristigen Sicherstellung der Versorgung ist seiner Meinung nach besonders die Klärung von Delegation, Supervision und Substitution unabdingbar, d.h. ein Gesundheitssystem, in dem die unterschiedlichen Berufsgruppen partnerschaftlich interprofessionell zusammenarbeiten. Da kann man ihm nur zustimmen.
Wieder einmal wurde bestätigt: An der Vollakademisierung geht kein Weg vorbei
Der durch den vorzeitigen Regierungswechsel stockende Gesetzgebungsprozess belastet unsere Branche sehr. Seit Jahren machen wir uns mit den anderen Verbänden der Logopädie/Sprachtherapie gemeinsam stark für die Vollakademisierung, aber Deutschland hängt im Vergleich zu anderen Ländern weit hinterher, was Prof. Dr. Gerber-Grote in seinem Impulsvortrag mehr als deutlich dargelegt hat.
Wir hoffen, dass die nächste Bundesregierung zügig und zukunftsorientiert ins Handeln kommt.