Fokusthema des Monats
Arbeitsbedingungen im ambulanten Sektor
Was macht ein gutes Miteinander in der ambulanten Praxis aus?
In unserer neuen Reihe „Fokusthema des Monats“ nehmen wir jeden Monat ein wichtiges berufspolitisches Thema genauer unter die Lupe. Wir erläutern die Hintergründe, bieten prägnante Zusammenfassungen und verdeutlichen die Relevanz dieses Themas für unsere Berufsgruppe. Erfahren Sie, warum wir uns als Verband aktiv für den jeweiligen Themenbereich und damit auch für Sie einsetzen. Wechselnde Themen, informativ und übersichtlich aufbereitet - mit unserer neuen Reihe bleiben Sie stets informiert.
Status quo
Die Bedingungen in den ambulanten Praxen sind noch nicht flächendeckend von fairen Konditionen geprägt. Nach wie vor gibt es in einzelnen Praxen Minusstundenkonten, Überbelegung von Terminen oder die isolierte Bezahlung nach Therapieeinheiten ohne einkalkulierte Vor- und Nachbereitungszeit. Damit einhergehend gibt es Verwaltungstätigkeiten, die zwar vom Praxisteam geleistet, aber nicht immer als Arbeitszeit gewertet werden. Dazu gehören: die Aufnahme von Neuanmeldungen, die Pflege von Wartelisten, die Vorbereitung des Therapieraumes etc.
Zurückzuführen ist dies auf Arbeitsmodelle, die aus einer Zeit stammen, in der die Vergütung der Therapieeinheiten so gering war, dass lediglich eine Bezahlung auf Mindestlohnniveau möglich war. Zu dieser Zeit stagnierten in allen Bundesländern die Kassenverhandlungen, folglich gab es keine Erhöhung der Kassensätze und keine auskömmliche Vergütung niedergelassener Logopäd*innen. Nach Inkrafttreten des ersten, für uns positiv wirksamen Heil- und Hilfsmittelversorgungstärkungsgesetzes (HHVG) 2017, dem noch konkreter werdenden Terminservice-Versorgungsgesetz (TSVG) 2019 und dem daraus resultierenden bundesweit einheitlichen Versorgungsvertrag für die ambulante Praxis nach §125 SGB V sollten diese Modelle jetzt der Vergangenheit angehören.
Wichtig ist es, diese wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Gestaltung der Arbeitsbedingungen innerhalb der ambulanten Praxen zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass die alten Modelle überdacht, angepasst und modernisiert werden müssen. So können auch neue Vergütungsmodelle entworfen oder bewährte an die veränderte Situation angepasst werden.
Wie ist Veränderung möglich?
Die Veränderung der Arbeits- und Rahmenbedingungen im ambulanten Sektor gelingt nur gemeinsam und auf Augenhöhe. Wichtig ist, alle Kolleg*innen – vor allem auch Studierende und Berufsanfänger*innen – über ihre Chancen und Rechte zu informieren. Und das hat nicht zuletzt auch einen positiven Effekt auf die Wahrnehmung des Berufs an sich. Das wiederum kann zur Sicherung des Nachwuchses beitragen, denn: Zufriedene Angestellte machen den Beruf attraktiver für die zukünftige Generation.
Die eigene Praxis und ihre Alleinstellungsmerkmale in den Vordergrund zu rücken, führt nicht nur zu einer besseren Außenwirkung, sondern auch zu mehr Zufriedenheit im Team. Eine positive Sicht auf die Therapeut*innen, den Gesundheitsberuf und die therapeutische Tätigkeit führen damit zu einem aktiven Entgegenwirken des Fachkräftemangels.
Vergütung ist nicht alles
Eine angemessene Vergütung ist unabdingbar. Und dennoch ist die Höhe der Vergütung nicht alles. Was die eine Praxis zahlt und die andere nicht, ist nicht immer auschlaggebend für schlechte oder gute Praxisbedingungen. Mindestlohn und miserable Rahmenbedingungen vor Ort muss und sollte niemand hinnehmen. Aber viele erfolgreiche Praxen bieten ihren Mitarbeitenden statt eines hohen Gehalts: mehr Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten, persönliche Wertschätzung und / oder ein maßgeschneidertes Angebot, das die individuelle Zufriedenheit fördert. Das kann ein Job-Ticket sein, ein Diensthandy, ein Dienstfahrrad, das jährliche dbl-Kongressticket, ein Zuschuss für die Verbandsmitgliedschaft und, und, und. Hier lohnt es sich für beide Seiten, die Bedürfnisse, aber auch die reellen Möglichkeiten und Barrieren miteinander auszuloten und offen zu besprechen.
Praktika und Kooperationen
Eine gute Möglichkeit, sich gegen den Fachkräftemangel und für die Weiterentwicklung unserer Profession aktiv einzubringen, ist das Anbieten von Praktika. Gerade durch die Zusammenarbeit und Kooperation mit einer Universität, Fachhochschule oder Berufsfachschule können geeignete Praktikant*innen gefunden werden. Aber auch das Anbieten von Schülerpraktika und das Bewerben unseres Berufes auf Ausbildungsmessen ist ein wichtiger Bestandteil die Logopädie sichtbar zu machen.
Durch interessante Praktika, ein gutes Arbeitsklima, ein angemessenes On-Boarding und das Pflegen von Qualitätsstandards unterstützen und fördern wir die angehenden Therapeut*innen darin, den Beruf der Logopädie nicht nur zu erlernen, sondern ihn auch langfristig zu praktizieren. Daher ist das Praktikum ein besonders geeignetes Angebot, um als Praxis mit guten Arbeitsbedingungen einen motivierten Nachwuchs zu generieren und ggf. auch als spätere Mitarbeitende zu gewinnen.
Zusammen der Logopädie eine Stimme geben
Zur Schaffung von fairen Arbeitsbedingungen im ambulanten Sektor sind die Werbung für den Beruf und das Empowerment von Arbeitnehmer*innen wichtige Bestandteile. Ebenso hilfreich kann es sein, den Berufsverband als Unterstützer und als Netzwerkmöglichkeit zu erkennen. Wir wollen das Tätigkeitsfeld im ambulanten Sektor für Praxisinhaber*innen und Angestellte attraktiver gestalten, Logopäd*innen auf Handlungsspielräume aufmerksam machen und den Beruf allgemein attraktiver gestalten.
Sie möchten noch mehr über Arbeitsbedingungen im ambulanten Sektor erfahren oder sich zum Thema austauschen? Hier haben wir weitere interessante Seiten für Sie:
- Checkliste
- Arbeitsrecht für Anstellungsverhältnisse in Praxen inkl. Mustervorlage Anstellungsvertrag
- Für gesetzlich Versicherte: Auszüge aus dem Behandlungsvertrag (inkl. Umgang mit Ausfällen)
- Für privat Versicherte: Auszüge aus dem Behandlungsvertrag (inkl. Umgang mit Ausfällen)
- Kommentar von Stephan Olbrich zum BARMER Heilmittelreport (bitte einloggen)
- angeTALKt am 6. November 2024 - 19:00 Uhr
- PRAXISpunkt am 11. November 2024 - 18:30 Uhr
- PRAXISpunkt trifft angeTALKt am 9. Dezember 2024 – 19:00 Uhr
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