Mehrsprachigkeit
Mehrsprachig aufzuwachsen stellt kein Risiko für die Sprachentwicklung dar,
sondern ist im Gegenteil förderlich für die kognitive Entwicklung – egal, welche Sprache erworben werden. Die mehrsprachige Sprachentwicklung verläuft sehr unterschiedlich, denn es gibt viele Faktoren, die sie beeinflussen können: z.B. ab welchem Alter Kinder Kontakt mit den einzelnen Sprachen haben oder wieviel, mit wem und in welchen Kontexten sie die Sprachen sprechen. Einige normale Phänomene sind jedoch in der Sprachentwicklung aller mehrsprachigen Kinder zur beobachten:
- Die Entwicklung in den unterschiedlichen Sprachen eines Kindes verläuft nicht immer gleichmäßig (Fachbegriff: asynchron). Auch das Kompetenzniveau, welches mehrsprachige Kinder in ihren einzelnen Sprachen erreichen, unterscheidet sich (Fachbegriff: Sprachdominanz).
- Die einzelnen Sprachen können sich im Spracherwerb gegenseitig beeinflussen, so dass z.B. Laute oder Satzstrukturen aus einer Sprache in andere übernommen werden (Fachbegriff: Transfer).
- Mehrsprachige Kinder nutzen alle ihre Sprachen in der Kommunikation, sie mischen z.B. Wörter unterschiedlicher Sprachen in einem Satz (Fachbegriff: code-switching). (Hoff & Core, 2015; Paradis, 2016)
Eine gelungene mehrsprachige Sprachentwicklung heißt daher nicht, alle Sprachen gleich gut, oder so gut wie Kinder mit einsprachiger Sprachentwicklung zu beherrschen. Eine gelungene mehrsprachige Sprachentwicklung bedeutet, dass ein mehrsprachiges Kind an allen bedeutsamen Interaktionssituationen (z.B. in der Familie, mit Freunden, beim Sport, in der Schule) teilhaben kann und die Umgebungssprache so erworben hat, dass ihm ein Bildungserfolg ermöglicht wird (Scharff Rethfeld, 2020; Hofbauer, 2018).
Um die mehrsprachige Sprachentwicklung ihrer Kinder zu fördern sollten Eltern daher in den Sprachen mit ihren Kindern sprechen, die sie selbst am besten beherrschen. Die einzelnen Sprachen müssen dabei nicht nach Personen getrennt werden.
Gleichzeitig sollten die Eltern dafür sorgen, dass ihre Kinder ausreichend Gelegenheiten haben die Umgebungssprache Deutsch zu lernen
(z.B. durch einen frühen und regelmäßigen Kitabesuch).
Weiterführende Literatur
Hofbauer, C. (2018). Sprachen und Kulturen im Kita-Alltag. Freiburg: Herder.
Hoff, E. & Core, C. (2015). What Clinicians Need to Know about Bilingual Development. Seminars in Speech and Language, 36(2), 89-99.
Scharff Rethfeldt, W. (2020). Sprachförderung für ein- und mehrsprachige Kinder: Ein entwicklungsorientiertes Konzept. München: Ernst Reinhardt Verlag
Paradis, J. (2016). The development of English as a second language with and without specific language impairment: Clinical implications. Journal of Speech, Language, and Hearing Research, 59(1), 171-182.
Triarchi-Herrmann, V. (2022). Mehrsprachige Erziehung: Wie Sie Ihr Kind fördern. München: Ernst Reinhardt Verlag