Meldung
Praxisschließung in Bayern?
Seitdem heute die Erklärungen des Ministerpräsidenten Markus Söder während der Pressekonferenz zu weiteren Maßnahmen während der Corona-Krise veröffentlicht wurden, werden wir gefragt, ob die Pflicht zur Praxisschließung tatsächlich und vollumfänglich auch den Bereich der Logopädie betreffen kann.
Zwar hat Herr Ministerpräsident Söder in der Pressekonferenz ausdrücklich zwischen Physiotherapeuten, die im Rahmen der Notfallversorgung tätig sein dürfen, sofern dies medizinisch dringend erforderlich ist, und Logopäden und Ergotherapeuten differenziert, deren Praxen grundsätzlich ab dem 21.03.2020 (0:00 Uhr) zu schließen sind.
Demgegenüber heißt es in Ziffer 5 b) der Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege:
"Triftige Gründe für das Verlassen der Wohnung sind:
die Inanspruchnahme medizinischer und veterinärmedizinischer Versorgungsleistungen (z. B. Arztbesuch, medizinische Behandlungen; Blutspenden sind ausdrücklich erlaubt) sowie der Besuch bei Angehörigen helfender Berufe, soweit dies medizinisch dringend erforderlich ist (z. B. Psycho-und Physiotherapeuten), (…)."
Logopädische Leistungen sind nach Auffassung des dbl e. V., jedenfalls in Teilbereichen, medizinisch als dringend erforderlich zu bewerten und daher den kritischen Infrastrukturen zuzuordnen:
„Kritische Infrastrukturen sind Organisationen oder Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere ernsthafte Folgen eintreten würden.“ (Quelle: Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Nordrhein-Westfalen, Leitlinie zur Bestimmung des Personals kritischer Infrastrukturen).
Dies sehen wir für den Bereich der Logopädie insbesondere beispielsweise bei der ambulanten Behandlung von Patientinnen und Patienten mit den Störungsbildern Dysphagie (bei Kindern und Erwachsenen) sowie akute Aphasie und akute Dysarthrie.
Können diese Behandlungen in den Praxen vor Ort oder durch Hausbesuche nicht mehr gewährleistet werden, droht vielen Patienten die stationäre Einweisung in eine Klinik, die angesichts der aktuellen und bevorstehenden Versorgungssituation aufgrund der Corona-Pandemie keine Gewährleistung für eine angemessene Versorgung diese Patienten bieten kann.
Die ambulante Versorgung dieser Patienten trägt demzufolge durch die Vermeidung weiterer stationärer Fälle erheblich zu einer Entlastung der begrenzten stationären Kapazitäten in Kliniken und Krankenhäusern bei.
Die in Bayern tätigen niedergelassenen Logopädinnen und Logopäden, die Patienten mit den vorgenannten Störungsbildern behandeln, benötigen Rechtssicherheit für die weitere Versorgung ihrer Patienten und ihre Tätigkeit. Das Risiko, bei einer Fortsetzung der Therapie mit einer Geldbuße belegt zu werden, kann ihnen nicht zugemutet werden, ebenso muss auch aus wirtschaftlichen Gründen die Frage rechtssicher beantwortet werden, ob diese Schließung der ambulanten logopädischen Praxen tatsächlich als Anordnung zu verstehen ist.
Wir haben daher bei der bayerischen Landesregierung um eine entsprechende Klarstellung gebeten und informieren Sie sobald uns eine Antwort vorliegt.