Meldung
Helga Johannsen-Horbach (1943 – 2023)
Der dbl trauert um eine wunderbare Kollegin und Wegbereiterin der Logopädie
Helga Johannsen-Horbach war eine Logopädin der ersten Stunde. In den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts gehörte sie zur Riege der Frauen, die im Vorstand des ZVL (Zentralverband für Logopädie, der Vorläufer des dbl) den Aufbau des Verbandes vorangetrieben haben. Dabei hat sie die Entwicklung der Logopädie stets im Blick gehabt und unser Fach durch ihr fortgesetztes Engagement in Lehre und Forschung maßgeblich geprägt.
Aufgewachsen in Bingen am Rhein in einer eher traditionell geprägten Familie ist Helga schon früh „ausgebrochen“, um ihre ganz eigenen Interessen zu verfolgen, dazu gehörte auch ihre Berufswahl. Ihre Haltung, den eigenen Weg unabhängig von der Familie zu gehen, ist vielleicht auch vor dem Hintergrund der zweiten Frauenbewegung zu Beginn der 70er Jahre in Westdeutschland zu sehen. In Luise Springer fand sie hier eine Geistesverwandte.
Zusammen mit Luise Springer legte sie Grundlagen für eine Profession im Bereich Logopädie. Ihr fachlicher Schwerpunkt lag im Bereich Aphasie, Dyspraxie und Dyslexie. Lehre ohne Forschung war für sie undenkbar, Präsentation und Veröffentlichung von Forschungsergebnissen von Beginn an selbstverständlich. Ihre beachtliche Veröffentlichungsliste reicht von 1987 bis heute. Dieses Credo gab sie weiter. Schon früh ermunterte sie ihre Kolleg*innen, den Schritt zu Vortrag und Veröffentlichung zu wagen, wie z.B. Evemarie Haupt, die 1976 ihren allerersten Tagungsbeitrag in Bad Segeberg gehalten hat. Gleichzeitig war ihr auch die therapeutische Praxis ein Anliegen und hier insbesondere die Qualität der Ausbildung.
1983 hat sie die Logopädieschule Freiburg mitgegründet. In den 25 Jahren als Leiterin der Einrichtung hat sie ganze Generationen von Logopäd*innen geprägt und maßgeblich dazu beigetragen, das Profil des Berufes als „Clinical Researcher“ in Deutschland zu etablieren. Dazu gehört auch, dass sie sich starke Persönlichkeiten bei den Auszubildenden gewünscht und sie (heraus)gefordert hat. Reibung war ihre Devise: Frauen sollten „nicht Kekse backen, sondern sich den wichtigen Dingen widmen“. Bewundernswert war allerdings auch, dass sie immer mit großer Gelassenheit und Selbstverständlichkeit die Kinder, die während der Ausbildung auf die Welt gekommen sind, als dazugehörend betrachtet hat.
Nach ihrer Tätigkeit als Leiterin der Logopädieschule hat sie wissenschaftlich und therapeutisch weitergearbeitet und sich im Bereich Leseförderung engagiert.
In Erinnerung bleibt uns Helga als ernsthafte Gesprächspartnerin, die eloquent und klar kommunizierte, es verstand deutlich zu sagen, was sie dachte. Auch auf diese Weise hat sie zum Profil unseres Berufes als Profession maßgeblich beigetragen.
Dietlinde Schrey-Dern
Mein Dank gilt allen Kolleg*innen, die mir mit ihren Erinnerungen an Helga geholfen haben, diesen Nachruf zu verfassen.