Meldung
Berufsverbände wehren sich gegen landesrechtliche Regelung der Förderungen für die Logopädie- und Physiotherapieschulen in Baden-Württemberg
Mit Einberufung einer Expertenkommission im Januar 2018, zu der die Berufsverbände der betroffenen Ausbildungen eingeladen waren, sollte unter Leitung des Ministeriums für Soziales und Integration die Höhe einer kostendeckenden Förderung der Ausbildungsstätten in freier Trägerschaft ermittelt werden.
Logopädie- und Physiotherapieschulen in freier Trägerschaft haben, entsprechend §§ 17 ff. PSchG – Privatschulgesetz- in Baden-Württemberg einen Rechtsanspruch auf Förderung, da sie Ersatzschulen sind. Das unterscheidet sie z. B. von den Ergotherapie- und Podologieschulen, die als Ergänzungsschulen eingestuft werden. Diese beiden Ausbildungseinrichtungen haben keinen Rechtsanspruch, dennoch können (§ 17 Abs. 3 Nr. 3 PSchG) sie einen freiwilligen Landeszuschuss erhalten, der ihnen auch gewährt wurde.
Des Weiteren fallen die Schulen der Logopädie und Physiotherapie unter das Sonderungsverbot des PSchG, d. h. diese Ausbildungen soll(t)en allen Interessierten ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern offenstehen; deswegen dürfen Schulen in freier Trägerschaft monatlich nur 160,00 Euro pro Monat an Schulgeld erheben. Diese Schulen erhalten daher 80 Prozent der Kosten aus Landesmitteln, deren Grundlage die Kostenberechnung für die öffentlichen Schulen bilden soll.
Im August 2018 kam es zunächst zu einer Einigung auf eine Übergangslösung der Finanzierungshilfe, die gemeinsam konsentiert wurde. Um die tatsächlich notwendige Höhe der Finanzierung zu ermitteln, gab das Ministerium für Soziales und Integration ein Gutachten zur Leistungsbeschreibung der Kosten an öffentlichen Physiotherapie- und Logopädieschulen in Baden-Württemberg in Auftrag.
Im Dezember 2019 wurde das Gutachten endlich veröffentlicht, das die Förderungsgrundlage bilden sollte. Seitdem wehren sich die Verbände massiv gegen die angestrebte Landesfinanzierung, da sie nicht kostendeckend erfolgen und zudem keine qualitätssichernde Ausbildung ermöglichen würde. Strittig ist dabei insbesondere, dass das Landesgutachten für die Berechnung der Finanzierung der Schulen in privater Trägerschaft nicht die tatsächlich ermittelten Kosten der Ausbildungen an den öffentlichen Schulen zugrunde legt, sondern unter Hinweis darauf, die öffentlichen Ausbildungsstätten seien an Universitätskliniken angeschlossen und damit kostenintensiver, eine andere Kostenberechnung für die Schulen in privater Trägerschaft für angemessen hält.
Die Berufsverbände gaben daher eine rechtliche Analyse des Landesgutachtens in Auftrag, das ebenfalls eindeutig die Schlussfolgerungen zur Finanzierung der Schulen in Frage stellt und das Gutachten aus rechtlichen Gründen für nicht verwertbar zur Ermittlung der Finanzierung (Bruttokosten der Ausbildung) nach § 18 a PSchG hält. Gesprächstermine bei den verschiedenen Parteien seitens der Berufsverbände, die bis in den März hinein stattfanden, führten jedoch nicht zu dem gewünschten Ergebnis. Die Landesregierung hält weiterhin an der aus ihrem Gutachten ermittelten Förderung fest.
In ihrer Stellungnahme, zu deren Abgabe die Berufsverbände zum heutigen Datum aufgefordert worden waren, wurde erneut die Forderung nach einer kostendeckenden Finanzierung unter zugrunde Legung des § 18 a PSchG geltend gemacht. Dabei wurde ebenfalls darauf verwiesen, dass für die Ergänzungsschulen, wie der Ergotherapie und der Podologie, ein Gutachten zur Überprüfung und Anpassung der Finanzierungshilfe aussteht.
Die vollständige Stellungnahme der Verbände finden Sie hier.
Der dbl wird sich auch weiterhin gemeinsam mit den anderen Berufsverbänden dafür einsetzen, dass die Schulen in freier Trägerschaft die angemessene und landesrechtlich verankerte Forderungshöhe der Ausbildung erhalten bzw. die Schulgeldfreiheit auch in Baden-Württemberg eingeführt wird.
Das Ziel ist und bleibt darüber hinaus, die Ausbildung zur Logopädin/zum Logopäden allein hochschulisch zu verankern und dies bundesgesetzlich zu regeln. Diese Forderung, insbesondere nach Erscheinen des Eckpunktepapiers „Gesamtkonzept Gesundheitsfachberufe“ der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, aus dem hervorgeht, dass die Vollakademisierung der Logopädie geprüft wird (siehe hierzu unsere Meldung vom 5. März 2020), haben der dbl und die anderen Berufsverbände der Therapieberufe bei den Fachgesprächen mit den Landespolitiker/innen deutlich zum Ausdruck gebracht.
Azzisa Pula-Keuneke (dbl-Referat Bildung)