Meldung
Berufsverbände wehren sich gegen die Verlängerung der Modellklausel bis 2026
Anhörung zum GVWG im Bundestag
In dem Entwurf der Bundesregierung für das geplante Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) wird kurz - und eher unter anderem - in den Artikeln 7 – 9 auch die Verlängerung der Modellklauseln in den Berufsgesetzen der Therapieberufe geregelt. Geplant ist (immer noch) die Befristung bis 2026. Trotz massiver Proteste im November 2020 von Verbänden und Hochschulen, schriftlich und mündlich in der Anhörung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) vorgebracht, trotz des Beschlusses des Bundesrates vom 12. Februar 2021, coronabedingt die Verlängerung nur bis 2022 zu ändern, hält die Regierung an ihrem Vorschlag fest.
Nun findet heute am 12. April 2021, die Anhörung zum GVWG statt, geladen ist als interdisziplinäre Vertretung der drei Therapieberufe allein der Hochschulverbund Gesundheitsfachberufe (HVG). Die Berufsverbände selbst hatten bis zum 8. April 2021 nur erneut die Gelegenheit, schriftlich ihre Positionen darzulegen.
Das Bündnis Therapieberufe und der HVG haben sich deutlich gegen die Verlängerung bis 2026 positioniert. Der Arbeitskreis Berufsgesetz veröffentlichte heute eine Pressemitteilung und mahnt darin ebenfalls erneut die Beendigung der Modellphase an.
Der Rückblick auf die vielen Jahre, in denen der dbl und andere Verbände sich - gemeinsam ab 2016 im AK Berufsgesetz und interdisziplinär seit 2019 im Bündnis Therapieberufe - um die hochschulische Ausbildung als Regelausbildung bemühen und sie einfordern, zeigt den stetigen Einsatz. Immer wieder muss der Politik aufgezeigt und bewiesen werden, dass der mit dem Evaluationsleitfaden von 2009 des BMG geforderte „Mehrwert“ der Patientienversorgung mit der hochschulischen Ausbildung einhergeht.
2016 bewiesen dies bereits die positiven Evaluationen und dennoch forderte das BMG schon die Verlängerung bis 2026. Dank des Bundesrates erfolgte die Befristung damals nur bis 2021.
Gern wendet die Politik immer wieder ein, eine hochschulische Ausbildung könne die ausreichende Patientenversorgung gefährden, da die Absolventinnen und Absolventen sich anderen Berufsfeldern verstärkt zuwenden würden. Das Gegenteil ist der Fall: 2019 zeigte die Verbleibstudie VAMOS, beauftragt vom Land Nordrhein-Westfalen (NRW), dass die Hochschulabsolventinnen und –absolventen vor allem im ambulanten und klinischen Umfeld tätig sind und somit weiterhin die Versorgung sichern. Eine Absolventenbefragung des HVG (2018/2019) bestätigte dies. Schaut man analog auf die hochschulische Ausbildung der Medizin und Zahnmedizin, sieht man, dass die nachfolgende Berufstätigkeit dieser Hochschulabsolventinnen und -absolventen selbstverständlich und hauptsächlich der direkten Patientenversorgung gilt. Das steht außer Zweifel und wird von der Politik auch nicht hinterfragt. Angesichts des seit 2018 dokumentierten Fachkräftemangels ist es wichtig, den Nachwuchs für die Logopädie zu sichern. Die Wahl und Planungsmöglichkeit der beruflichen Laufbahn ist für viele Interessierte von großer Bedeutung und trägt dazu bei, die Ressource Logopädie zu erhalten
Ebenso lässt sich die Argumentation, die Ausbildung müsse vor allem berufsfachschulisch bleiben, damit ein Zugang mit einem mittleren Bildungsabschlussmöglich sei, kaum noch nachvollziehen. Denn, dass es in den Ausbildungen bereits vor 13 Jahren (!) viele Schülerinnen und Schüler mit einem Hochschulzugang gab, führte ja gerade 2008 dazu, die Modellklauseln einzuführen. Die Durchlässigkeit zu verbessern, das Studium ohne Abitur zu ermöglichen, erscheint vor diesem Hintergrund eher eine Aufgabe, der sich die Politik vermehrt zuwenden muss. Im Bildungsbericht 2020 wird deutlich, dass die Zahl der Berufsfachschulabsolventinnen und -absolventen stark zurückgeht, der Zuwachs an Studierenden in den Gesundheitsberufen dagegen zunimmt. Davor kann man die Augen nicht verschließen.
Wer, wenn nicht die Fachleute selbst, soll die Weiterentwicklung der Fachexpertise in die Hand nehmen? Dazu braucht es Wissenschaft und Forschung und eine direkte Verbindung zu Praxisfragen und umgekehrt. Und dazu braucht es auch die hochschulische Ausbildung! Nicht nur der dbl, auch alle anderen Verbände der Therapieberufe und der Hochschulen sind bereit, den Weg zur Implementierung der hochschulischen Regelausbildung zu gehen. Die dbl-Mitglieder haben dies schon 2010 in der Berufsleitlinie 10 verankert.
Und als letztes: Deutschland ist mit seinem Mix aus berufsfachschulischer und hochschulischer Ausbildung, vorsichtig ausgedrückt, in einer besonderen Situation. Denn international ist es selbstverständlich, dass die Ausbildung in der Logopädie hochschulisch erfolgt.
Hier können Sie die die Stellungnahme des Bündnisses Therapieberufe, des HVG und des AK Berufsgesetz einsehen.
Azzisa Pula-Keuneke (dbl-Referat Bildung)