Meldung
Aufrechterhaltung Praxisbetrieb in Bayern
Unter welchen Voraussetzungen dürfen logopädische Leistungen erbracht werden?
Die Regelungen des § 4 der Bayerische Verordnung über Infektionsschutzmaßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie (Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung – BayIfSMV)
vom 27. März 2020 zielen darauf ab, die physischen und sozialen Kontakte zu anderen Menschen auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren. Das Verlassen der Wohnung ist aus diesem Grund nur bei Vorliegen eines triftigen Grundes erlaubt.
Aus Sicht des Therapeuten ist die Ausübung der beruflichen Tätigkeit ein triftiger Grund (§ 4 Abs. 3 Ziffer 1 BayIfSMV). Patienten wiederum ist der Besuch von Angehörigen helfender Berufe, zu denen auch die Logopäden zählen, gestattet, soweit dies medizinisch dringend erforderlich ist (§ 4 Abs. 3 Ziffer 2 BayIfSMV).
Laut Erläuterung aus dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege sind insbesondere die diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen als medizinisch dringend erforderlich zu bewerten, die der Abwendung von lebensbedrohlichen Gefahren für die körperliche oder seelische Unversehrtheit oder von Krankheitsfolgen, der Linderung von Schmerzzuständen oder der Aufrechterhaltung elementarer Lebensfunktionen dienen und keinen Aufschub erlauben. Die Entscheidung treffe im Einzelfall der behandelnde Arzt.
Wir gehen davon aus, dass Ärzte in Bayern Verordnungen für logopädische Behandlungen nur noch ausstellen, wenn die o.g. strengeren Kriterien erfüllt sind. Nach unserer Einschätzung sollte der Arzt sicherheitshalber auf der Verordnung einen Vermerk zur Bestätigung der Dringlichkeit anbringen. Bei Verordnungen, die vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie ausgestellt wurden, sollte der Logopäde bzw. die Logopädin selbst aufgrund eigenen Fachwissens kritisch prüfen, ob eine Indikation vorliegt, die eine sofortige Behandlung rechtfertigt, weil das Aussetzen oder der spätere Beginn der Behandlung die gesundheitliche Situation deutlich oder sogar irreversibel verschlimmern würde. Im Zweifel sollte der Arzt noch einmal zur Frage der Dringlichkeit der Behandlung befragt werden.
Änderung durch Empfehlungen des GKV-Spitzenverbands und der Krankenkassenverbände?
Laut der aktualisierten Empfehlungen des GKV-Spitzenverbands und der Krankenkassenverbände aufgrund des Ausbruchs von SARS-CoV-2 (Corona) ist eine ärztlich verordnete Heilmittelbehandlung zwar immer als medizinisch notwendig und somit abrechnungsfähig anzusehen. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen logopädische Leistungen in Bayern erbracht werden dürfen, wird damit jedoch nicht beantwortet. Diese Frage richtet sich allein nach den Regelungen der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung.
Gefahr, eine Ordnungswidrigkeit zu begehen
Gemäß § 5 BayIfSMV handelt jeder im Sinne des § 73 Abs. 1a Nr. 24 Infektionsschutzgesetz (IfSG) ordnungswidrig, der vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 4 Abs. 2 die Wohnung ohne triftigen Grund verlässt. Es wäre hier streng betrachtet also der Patient, der ordnungswidrig handelt, wenn er eine logopädische Praxis aufsucht, um eine medizinisch nicht dringend notwendige Behandlung durchführen zu lassen.
Die Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung ist am 31. März 2020 in Kraft getreten und tritt mit Ablauf des 19. April 2020 außer Kraft.
Auswirkung auf die Videobehandlung?
Unserer Ansicht nach dürfen Videobehandlungen nach wie vor auch in logopädischen Praxen in Bayern ohne zusätzliche Einschränkung durchgeführt werden, da Sinn und Zweck der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung darauf gerichtet ist, die Ausbreitung des Virus dadurch zu verzögern, dass der direkte Kontakt zwischen Menschen weitestgehend vermieden wird. Die Durchführung der Videotherapie wird somit von der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung nicht eingeschränkt. Es wird stets aus therapeutischer Sicht entschieden, ob die Therapie auch im Rahmen einer Videobehandlung stattfinden kann (siehe hierzu unsere Meldung vom 3. April 2020 zu den Voraussetzungen und Regelungen einer Videobehandlung).
Dürfen Hausbesuche durchgeführt werden?
Unserer Meinung sollten auch Hausbesuche nur durchgeführt werden, wenn die Behandlung medizinisch dringend notwendig ist. Zwar wird diese Einschränkung im Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung nicht ausdrücklich vorgenommen. Der Therapeut oder die Therapeutin darf laut § 4 Abs. 3 Ziffer 1 BayIfSMV die eigene Wohnung verlassen, um seine bzw. ihre berufliche Tätigkeit auszuüben.
Es wäre jedoch widersprüchlich festzulegen, dass in logopädischen Praxen nur medizinisch dringend notwendige Behandlungen durchgeführt werden dürfen, während diese Einschränkung für Hausbesuche nicht gelten soll. Hier sollte aus unserer Sicht eine einheitliche Bewertung erfolgen.