Meldung
Ambulante Stottertherapie im Grundschulalter
Studie belegt Wirksamkeit des Stottermodifikationverfahrens KIDS
Logopäd*innen mit dem Behandlungsschwerpunkt Stottern werden sich noch an die Veröffentlichung der S3-Leitlinie „Redeflussstörungen - Pathogenese, Diagnostik und Behandlung“ im Jahr 2016 erinnern: Die für das methodische Leitlinien(LL)-Niveau erforderlichen Studien fehlten, um eine Empfehlung für den in der ambulanten logopädischen Praxis sehr verbreiteten Therapieansatz der Stottermodifikation geben zu können. Dies führte im Nachgang zu sachlich falschen Interpretationen der LL-Empfehlung, die sich sogar bis hin zu der Aussage steigerten, ambulante logopädische Stottertherapie sei unwirksam. Die Leitlinie ist nun bereits seit August 2021 abgelaufen und für die anstehende Überarbeitung gibt es gute Nachrichten:
Der Nachweis über die Wirksamkeit des Stottermodifikationsverfahrens KIDS („Kinder dürfen Stottern“) konnte nun im Rahmen des Projekts „PMS KIDS“ unter der Leitung von Prof. Dr. Anke Kohmäscher (FH Münster) und Prof. Dr. Stefan Heim (RWTH Aachen) erbracht werden.
Die prospektive, multizentrische Studie zur Wirksamkeit ambulanter Stottertherapie nach dem Stottermodifikationsansatz KIDS, die mit ca. 520.000 Euro durch den Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundeausschusses (G-BA) gefördert wurde, untersuchte 73 stotternde Kinder im Alter zwischen 7 und 11 Jahren und deren Eltern während der Therapie und verglich die Daten mit einer Kontrollgruppe nicht behandelter Kinder, deren Behandlung nicht direkt im Anschluss an die Diagnosestellung beginnen konnte.
Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick
- Drei Monate nach Therapiebeginn waren aus Sicht der Kinder in der Therapiegruppe die subjektiven Beeinträchtigungen durch Stottern auf das alltägliche Leben signifikant niedriger als in der Wartekontrollgruppe.
- Bezüglich des Schweregrad des Stotterns waren 12 Monate nach Therapiebeginn ebenfalls signifikante Verbesserungen nachweisbar.
- Auch aus Sicht der Eltern verbesserte sich der Stotterschweregrad der Kinder 12 Monate nach Therapiebeginn signifikant.
- Der Vergleich mit anderen Studien gibt Hinweis darauf, dass eine ambulante, extensive Stottertherapie nach dem Verfahren KIDS eine ähnliche Wirksamkeit wie andere intensive Stottertherapien im Gruppenformat nach dem Stottermodifikations- oder Fluency Shaping-Ansatz erzielen kann.
- Wichtig: Die Ergebnisse der Studie sind auf die bundesweite ambulante sprachtherapeutische Versorgung stotternder Grundschulkinder übertragbar, aber möglicherweise nicht auf Kinder mit zusätzlichen Einschränkungen wie Sprachentwicklungsstörungen, Verhaltensauffälligkeiten oder kognitiven Einschränkungen.
Alle Ergebnisse finden Sie im Ergebnisbericht auf der Webseite des Innovationsausschusses des G-BA zum Projekt.
Relevanz für die logopädische Praxis
Die Projektergebnisse werden vom Innovationsausschuss des G-BA an zwei Stellen weitergeleitet:
An den Unterausschuss Veranlasste Leistungen des G-BA, mit Blick auf die Weiterentwicklung der Heilmittel-Richtlinie und an die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) mit der Bitte „zu prüfen, inwiefern die Ergebnisse der vorliegenden Studie bei der Ausgestaltung und Weiterentwicklung entsprechender S3-Leitlinien Berücksichtigung finden können.“ (Beschlusstext G-BA ).