Meldung
24. Aachener Kolloquium zur Logopädie
Ein Rückblick
Das diesjährige "Novemberkolloquium" am 27. und 28. November brachte - auch wenn es bereits zum 24. Mal stattfand - eine besondere Neuerung mit sich. Erstmalig fand das gesamte Kolloquium digital statt. Dies bot allen Teilnehmer/innen die Möglichkeit, sich aus zahlreichen Standorten flexibel zuzuschalten und die diesjährigen, thematisch breit gefächerten Vorträge der Gastrednerinnen und Absolventinnen und Absolventen des Masterstudienganges der Lehr- und Forschungslogopädie zu verfolgen. An beiden Veranstaltungstagen stieß das digitale Format auf breites Interesse. Freudiger Weise folgten teilweise über 200 Teilnehmer/innen den Vorträgen.
Eröffnet wurde das Programm zunächst durch Prof. Dr. Stefan Heim, den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses. Er begrüßte alle Teilnehmer/innen und gab einen Ausblick über die kommenden Kolloquiumstage. Auch der Studiendekan Univ.-Prof. Dr. med. Markus Tingart hieß anschließend alle Vortragenden und Absolventinnen und Absolventen herzlich willkommen. Er gab zunächst eine Übersicht über die traditionsreiche Aachener Logopädie und thematisierte anschließend Zukunftsthemen wie das Streben nach der Vollakademisierung der Logopädie. Kritisch bewertete er im Zuge dessen die vorgeschlagene Verlängerung der Modellklausel bis 2026 als zu lang. Die gelungene Digitalisierung zahlreicher Studiengänge an der RWTH Aachen unter der derzeitigen Corona-Pandemie betrachtete er rückblickend als positiv, wobei weiterhin fraglich bleibe, wann wieder zur Präsenzform übergegangen werden kann.
Der erste Gastvortrag wurde am Freitag aus München zugeschaltet: Dr. Katharina Hogrefe, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der LMU München, stellte mit dem NVST (Nonverbaler Semantiktest) ein Testverfahren zur nonverbalen Überprüfung semantischer Verarbeitungsleistungen bei Aphasie nach Schlaganfall und bei Demenz vor. Dabei wurde sowohl die Konzipierung des Diagnostikmaterials als auch die statistische Evaluierung sowie der praktische Einsatz des neuartigen Testverfahrens thematisiert. Praktische Auswertungsbeispiele gaben zur Abrundung des Vortrages einen detaillierten Einblick.
Die studentischen Präsentationen begannen anschließend mit dem ersten Block zur „Diagnostik in der Logopädie“. Sowohl für Menschen mit Aphasie als auch für Kinder mit einer Stottersymptomatik wurden adaptierte und neuartige Verfahren vorgestellt. Das Thema „Sprachverarbeitung im gesunden Gehirn“ thematisierte den Einfluss von simulierten auditiven Halluzinationen auf die Sprachproduktion gesunder Menschen, wodurch ein näherer Einblick auf logopädische Therapieschwerpunkten bei Schizophrenie ermöglicht werden sollte. Im Rahmen der „1000BRAINS“ Studie, einer großangelegten Studie des Forschungszentrums Jülich, wurde anschließend der Einfluss von Mehrsprachigkeit auf die Konnektivität des Gehirns im Alterungsprozess dargestellt.
Abschließend wurde allen Teilnehmer/innen die Möglichkeit eines fachlichen Austausches am sogenannten „Round Table“ gegeben, der eine Alternative zu den klassischen Kaffeepausen darstellen sollte. Zu den Themen Teletherapie und computergestützte PC-Therapie, Akademisierung der Logopädie, Promovieren in der Logopädie sowie neue Aufgabenfelder für die Logopädie konnten die Teilnehmer/innen unter Moderation von Aachener Dozentinnen und Dozenten in Kleingruppen rege diskutieren und Erfahrungen austauschen.
Der zweite Veranstaltungstag begann am Samstagmorgen mit der Begrüßung durch Frau Elke Oetken, Leiterin der Schule für Logopädie am UKA. Sie blickte auf das vergangene Jahr an der Schule für Logopädie und die Veröffentlichung in der Zeitschrift "Das Gesundheitswesen" zu den Ergebnissen der Therapieberufe aus der VAMOS-Studie zurück, die einen überwiegenden Verbleib der akademischen Absolventinnen und Absolventen am Patienten bekräftigte. Der Einzug der Digitalisierung in die Schule unter den aktuellen Pandemiebedingungen wurde thematisiert, wobei die notwendigen effektiven Lösungsansätze aller Studierenden, Dozentinnen und Dozenten und praktischen Anleiter/innen besonders hervorgehoben wurden. Diesbezüglich optimistisch gab sie einen Ausblick auf das kommende Jahr wobei sie - ebenso wie der Studiendekan am Vortag - auch die berufspolitische Situation unter Verlängerung der Modellklausel bis 2026 deutlich hinterfragte. Oetken hob im Zuge dessen das Engagement von Arbeitskreisen, Berufsverbänden sowie der eigenen Fachschaft besonders hervor.
Der anschließende Gastvortrag wurde wiederum aus München präsentiert: Dr. Kerstin Nonn, Leiterin der staatlichen Berufsfachschule für Logopädie an der LMU München, informierte über Möglichkeiten und Grenzen unterstützter Kommunikation (UK). Hierbei stellte sie die unterschiedlichen Zielgruppen der UK vor, gab Einblicke in unterschiedliche Hilfsmittel der UK und stellte therapeutische Anknüpfungspunkte vor. Mithilfe zahlreicher Videoausschnitte von (therapeutischen) Anwendungen der UK wurde ihr spannender Vortrag umfassend ergänzt.
Auch die anschließenden studentischen Vorträge schlossen fließend dem Gastvortrag an und thematisierten die technik-unterstütze Logopädie. Mittels einer Fragebogenerhebung wurden zunächst Barrieren und Gelingensbedingungen bei der Etablierung der unterstützten Kommunikation vorgestellt, anschließend wurden über die Effekte der Therapiematerialien Neolexon und SpeechCare in der logopädischen Therapie bei Menschen mit chronischen Aphasien berichtet. Im Themenblock "Logopädie in der Psychiatrie" erfolgte die Darstellung linguistischer und narrativer Charakteristiken der Spontansprache von Menschen mit Schizophrenie unter Berücksichtigung ihrer Arbeitsgedächtnisleistungen.
Nach einer stärkenden Mittagspause begann der Block der „Kindersprache und ihrer Störungen“. Zunächst wurde ein Einblick in die neuronalen Korrelate der Narration und der Wortflüssigkeit bei Vorschulkindern mittels einer fNIRS-Studie gegeben. Anschließend erfolgte die Darstellung einer durch die TOLGS Lautgesten taktil-kinästhetisch unterstützten Phonologie-Therapie. Den Abschluss des Themenblockes bildete die Präsentation des Codeswitching als Strategie zur Erweiterung des Wortschatzes bei albanisch-deutschsprechenden Kindern.
Den Abschluss der studentischen Vortragsreihe bildete der Block "Aphasie". Hier wurde zunächst der Frage nachgegangen, ob sich der Wortabruf durch den Einbezug von Aufmerksamkeitsdimensionen (phasisches Alerting) verbessern lasse. Zuletzt wurde die Therapie von Benennstörungen bei kindlicher Aphasie thematisiert, in dem in Anlehnung an MODAK ein Therapiematerial entwickelt und erprobt wurde.
Abschließend wurden alle Vortragenden gebührend von Prof. Dr. Stefan Heim verabschiedet. Unter Mithilfe der Fachschaft für Logopädie sowie der Vortragenden selbst wurden Folien erstellt, die den Abschied durch eine individuelle Charakterisierung der Vortragenden besonders persönlich gestalten sollten. Auch wenn in diesem Jahr das gesamte Kolloquium digital stattfand, sollte auf altbekannte Traditionen zur Verabschiedung nicht verzichtet werden. Alle Vortragenden erhoben daher zum Abschluss ihre Getränkegläser: Prost, liebe Absolventinnen und Absolventen der Lehr- und Forschungslogopädie Aachen!
Lea Plum, Aachen