Prävention von Stimmstörungen
Der Entwicklung der kindlichen Stimme verläuft phasenhaft und nicht linear.
Zudem ist sie, wie die Stimme mit all ihren Merkmalen auch, individuell. Das erklärt, warum einige Kinder z.B. lauter, heller oder auch länger sprechen können. Die Qualität und der gesunde Gebrauch der Stimme beruht allgemein auf dem gelungenen Zusammenspiel verschiedener Bereiche (u.a. Artikulation und Aufrichtung). Hervorzuheben ist, dass Kinder mit einer ungesunden Stimmgebung in ihrem emotionalen Ausdruck und der Interaktion eingeschränkt sein können (z.B. vermehrter Rückzug oder Schreien). Da sich oben genannte Bereiche erst entwickeln bzw. deren Zusammenspiel erst erlernt werden muss, ist es von entscheidender Bedeutung, Kindern einen gesunden Umgang vorzuleben um ihnen damit optimale Voraussetzungen mit auf den Weg zu geben. Das nimmt bei der Prävention von kindlichen Stimmstörungen eine wichtige Rolle ein.
Ein weiterer Aspekt im Vergleich zur Prävention von Stimmstörungen bei Erwachsenen ist, dass bereits Kleinkinder durch ihre Bezugspersonen und das Umfeld stark geprägt werden. Es muss bei Eltern, Erzieher*innen und Lehrer*innen ein Bewusstsein für das positive stimmliche Vorbild geschaffen werden. Im ungünstigen Fall wird stimmschädigendes Verhalten (z.B. räuspern, pressen, zu hohes, zu tiefes oder zu lautes sprechen) übernommen, was in Kombination mit anderen verstärkenden Entwicklungsfaktoren zu einer Stimmstörung führen kann.
Auch braucht es für die Wahrnehmung einer ungesunden Stimmgebung Aufklärungsarbeit. Ein atypischer Stimmklang (z.B. zu hoch, heiser) wird oft nicht wahrgenommen oder mit „niedlich“ bzw. „das verwächst sich“ kommentiert. Das führt dazu, dass betroffene Kinder oft keinem Facharzt vorgestellt werden.
Auch für Pädagogen und Pädagoginnen ist es daher folgendes Grundlagenwissen wichtig:
- altersentsprechende Stimmentwicklung
- Kenntnis über den kindlichen Stimmumfang (Kernstimmlage von Grundschulkindern vor der Mutation ca. bei d1-f2 (15 Halbtöne))
- Keine Überforderung von Kindern vor und während des Stimmbruchs z.B. durch intensives Singen
- auf Stimmklangveränderungen und schnelle Stimmermüdung achten
- positives Bestärken von regelmäßigem Singen und stimmlichem Ausprobieren unter Ausnutzung von Lautstärken- und Tonhöhenvariationen
- individuelle Vor- bzw. Nachteile für das Singen eines Kindes beachten und bei Bedarf eine erfahrene Stimmtherapeutin hinzuziehen.
Literaturhinweise
- Bartl-van Eys K., Müller E., Nolte J., Rehfeld D. & Seboldt, R. (2016). KiStiMa – Kinder-Stimm-Material. Übungsmaterial zur Therapie kindlicher Dysphonien. Köln: ProLog.
- Beushausen U. & Haug C. (2011). Stimmstörungen bei Kindern. U.a. Basel: Reinhardt Verlag
- Bilda K. & Kargel S. (2014). Aktuelle Prävalenzen und ihre Bedeutung für die Logopädie. Forum Logopädie, 5 (28), 28-35.
- Hermann-Röttgen, M. (2002). Wenn die Kinderstimme nicht stimmt…: Ratgeber für Therapeuten und Eltern mit vielen Spiele zur Behandlung kindlicher Stimmstörungen. Wehrheim: Verlag gruppenpädagogischer Literatur.
- Oetken-Ishorst, E. (2002). Prävention von Stimmstörungen bei Kindern. Forum Logopädie, 4 (16), 16-21.