Meldung
Neue Pflichten für Arbeitgeber/innen ab 1. August 2022
Informationen zur neuen „Arbeitsbedingungenrichtlinie“
Der Gesetzgeber hat weitreichende Änderungen im Arbeitsrecht beschlossen. Deutschland war verpflichtet, die bereits vor drei Jahren in Kraft getretene „EU-Richtlinie 2019/1152 über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union im Bereich des Zivilrechts" („Arbeitsbedingungenrichtlinie“) bis zum 1. August 2022 umzusetzen. Pünktlich zum Ablauf der Frist wird das Gesetz nun in Kraft treten; die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt ist am 26. Juli 2022 erfolgt. Mit der Richtlinie sollen Arbeitsbedingungen insbesondere durch die Erhöhung von Transparenz verbessert werden. Maßgeblich ist dabei die Erweiterung der im Nachweisgesetz (NachwG) geregelten Unterrichtungspflichten auf Arbeitgeber/innenseite, aber auch andere Gesetze, wie zum Beispiel das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz oder das Teilzeit- und Befristungsgesetz, sind betroffen.
Bisherige Pflichten der Arbeitgeber/innen
Bislang regelte das Nachweisgesetz, dass Arbeitgeber/innen die wichtigsten Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen haben und den Arbeitnehmer/innen aushändigen mussten. Dafür galt eine Monatsfrist nach Beginn des Arbeitsverhältnisses. Die meisten dieser Bedingungen ergaben sich aber ohnehin aus dem jeweiligen Arbeitsvertrag, sodass häufig darauf verzichtet wurde, Arbeitnehmer/innen eine zusätzliche Niederschrift auszuhändigen.
Neue Pflichten der Arbeitgeber/innen
Folgende Angaben („Arbeitsbedingungen“) müssen ab dem 1. August 2022 aufgenommen werden:
- Name und Anschrift der Vertragsparteien,
- Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses,
- bei befristeten Arbeitsverhältnissen: das Enddatum oder die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses,
- der Arbeitsort oder, falls der/die Arbeitnehmer/in nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, dass der/die Arbeitnehmer/in an verschiedenen Orten beschäftigt wird oder seinen/ihren Arbeitsort frei wählen kann,
- kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom/von der Arbeitnehmer/in zu leistenden Tätigkeit,
- die Dauer der Probezeit (sofern vereinbart),
- die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind, und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung,
- die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen,
- Konkretisierung der Arbeit auf Abruf,
- die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen (sofern vereinbart),
- die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs,
- ein etwaiger Anspruch auf vom/ von der Arbeitgeber/in bereitgestellte Fortbildung,
- wenn der/die Arbeitgeber/in dem/der Arbeitnehmer/in eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers (die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist),
- das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber/innen und Arbeitnehmer/innen einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage,
- ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen.
Die neuen Pflichten gelten bei Neueinstellungen ab dem 1. August 2022. Den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen muss bereits am ersten Arbeitstag die Niederschrift mit den Informationen über den Namen und die Anschrift der Vertragsparteien, das Arbeitsentgelt und seine Zusammensetzung sowie über die Arbeitszeit vorliegen. Die weiteren Nachweise müssen dann spätestens in sieben Kalendertagen nachgereicht werden.
Der Aufwand von zwei parallelen Dokumenten (Arbeitsvertrag und Nachweis über Arbeitsbedingungen) dürfte praxisfern sein, sodass es ist sinnvoll ist, die im Nachweisgesetz geforderten Informationen direkt in den Arbeitsvertrag aufzunehmen.
Unser dbl-Musteranstellungsvertrag sowie die Broschüre „Arbeitsrecht für Anstellungsverhältnisse in Praxen“ werden derzeit an die neue Richtlinie angepasst und sind demnächst wieder in überarbeiteter Fassung im dbl-Shop erhältlich.
Müssen bereits bestehende Arbeitsverträge geändert werden?
Für Arbeitsverhältnisse, die bereits vor dem 1. August 2022 bestanden haben, wird eine Informationspflicht erst auf Verlangen des Arbeitnehmers/ der Arbeitnehmerin ausgelöst. Dann müssen die neuen zusätzlichen Arbeitsbedingungen schriftlich mitgeteilt werden, es sei denn, der bestehende Arbeitsvertrag enthält bereits alle maßgeblichen Informationen. Bestehende Arbeitsverträge müssen also nicht unmittelbar geändert werden.
Es empfiehlt sich, den Arbeitnehmer/innen – auf Nachfrage – ein unterschriebenes Informationsblatt bereitzustellen. Hierbei gilt eine Frist von sieben Tagen.
Hinweis: Schriftform meint in Bezug auf die Änderungen die strenge Schriftform. Das bedeutet, Arbeitgeber/innen haben Arbeitnehmer/innen schriftlich (mit eigenhändiger Unterschrift) über die wesentlichen Arbeitsbedingungen zu informieren. Eine Übersendung via E-Mail reicht an dieser Stelle nicht aus!
Was gilt bei Verstößen?
Bei einem Verstoß gegen das Nachweisgesetz kann zukünftig ein Bußgeld von bis zu 2.000 Euro pro Verstoß fällig werden.
Arbeitgeber/innen sollten das Thema also ernst nehmen. Neben der Anpassung der Abläufe bei Neueinstellungen müssen Arbeitgeber/innen auch auf Nachfragen von Bestandsarbeitnehmer/innen vorbereitet sein.
Den genauen Wortlaut des Gesetzes zur Umsetzung der Arbeitsbedingungenrichtlinie finden Sie hier.