Meldung
Direktzugang: Positionspapier aktualisiert
Fünf Jahre Stillstand sind genug – findet der dbl, der das einschlägige Positionspapier aus dem Jahr 2016 anlässlich der Bundestagswahl 2021 noch einmal aktualisiert hat. An der Erstellung des neuen Papiers, das Sie auf der Seite "Grundlagenpapiere" finden, waren neben der Projektgruppe Blanko-VO/Direktzugang auch Ländervertreter/innen, Mitglieder des Bundesvorstandes und das Rechtsreferat beteiligt.
Direkter Zugang – direkte Verantwortung
„In diesem Positionspapier zeigen wir unmissverständlich auf, dass wir von der Politik erwarten, dass Patientinnen und Patienten in absehbarer Zeit die Möglichkeit erhalten, sich bei Bedarf unmittelbar in einer logopädischen Praxis vorzustellen“, so Bundesvorstandsmitglied Frauke Kern. Zudem wird noch einmal erläutert, dass und warum die sogenannte Blankoverordnung, die aktuell zwischen Kassen und Therapieverbänden verhandelt wird, im Bereich der Logopädie keine echte Weiterentwicklung bringt und dass den Logopädinnen und Logopäden bereits heute grundsätzlich die Kompetenz zugesprochen wird, die sie zur Ausübung einer verordnungsfreien Versorgung (zumindest außerhalb des GKV-Systems) brauchen. Allerdings nur über den unzumutbaren Umweg einer sektoralen Heilpraktiker-Erlaubnis.
Sichere Versorgung der PatientInnen und Patienten
„Dass sich insbesondere aufgrund der demografischen Entwicklung die Anzahl älterer, multimorbider Patienten deutlich steigert, bestreitet niemand“, weiß Kern. Doch gleichzeitig mangele es an praktikablen Lösungen für die Frage, wie deren Versorgung sichergestellt werden kann. „Und auch bei unseren jungen Patienten erleben wir ja immer noch, dass sie oft zu spät in unsere Praxen kommen, weil Ärzte die Eltern vor vermeintlich vorschnellem Handeln abhalten und stattdessen die Problematik ‚auswachsen lassen‘ wollen. Eine logopädische Beratung, die besorgte Eltern durch einen direkten Zugang zu uns wahrnehmen könnten, schenkt den Eltern Sicherheit, Bestätigung und Entlastung im Umgang mit ihrem Kind. Es ist nicht nachvollziehbar, warum sich viele Mediziner/innen noch immer gegen eine frühe Intervention stellen“, so Kern.
Schon heute ist der Termin in der hausärztlichen und vor allem in der fachärztlichen Praxis das Nadelöhr für weiterführende Diagnostik und Therapie. Im ländlichen Bereich kann man froh sein, im Umkreis von 20 Kilometern überhaupt noch eine hausärztliche Versorgung zu finden. „In diesem Kontext ist der Direktzugang zu logopädischen Leistungen ein wichtiger und richtiger Schritt für eine funktionierende Patientenversorgung“, so Kern. Auch die Qualität der Versorgung könne profitieren: Modellversuche in der Physiotherapie zeigen, dass die Motivation steigt, wenn Patientinnen und Patienten eigeninitiativ eine Physiotherapiepraxis aufsuchen.
Ressourcen schonen
Dass auf diese Weise auch Ressourcen geschont werden können, liegt auf der Hand: schnellerer und nachhaltiger Heilungserfolg,Entlastung der Ärzteschaft, Vermeidung von Mehrfachuntersuchungen, Nutzung längst vorhandener therapeutischer Kompetenzen. Das Gesundheitssystem kann auf diese Weise schlanker werden – ohne Einbußen für die Patientinnen und Patienten. Im Gegenteil!
Fachkräftemangel stoppen: Therapieberufe attraktiv machen
Der größte Nutzen für die Patienten sind ausreichend viele gut ausgebildete Logopädinnen und Logopäden. Und diese werden immer seltener. Nicht, weil es sie nicht gibt, sondern weil sie ihrem Beruf immer häufiger vorzeitig den Rücken kehren. Der seit einigen Jahren amtlich festgestellt Fachkräftemangel auch im Bereich der Logopädie macht die Weiterentwicklung dieser Berufsgruppe nicht nur berufspolitisch, sondern auch gesundheitspolitisch zu einer dringlichen Angelegenheit. Darauf weist das aktualisierte Positionspapier noch einmal deutlich hin.
Was jetzt passiert
Am 26.09.2021 wurde ein neues Parlament gewählt. Derzeit laufen spannende Sondierungsgespräche zur Regierungsbildung zwischen den Parteien, die in Sachen Direktzugang durchaus unterschiedliche Positionen vertreten. „Die zukünftige Bundesregierung und die Abgeordneten des 20. Deutschen Bundestages insgesamt, die in den kommenden vier Jahren im Bereich Gesundheit Verantwortung tragen, erhalten nun gleich in den ersten Wochen ihrer parlamentarischen Arbeit das Positionspapier zugesandt – verbunden mit der Bitte um zeitnahe Gesprächstermine. Hierzu wünschen wir uns bereits während der Verhandlungen zur Blanko-VO gute Ideen und ein geeintes Vorgehen unter den Verbänden in Richtung Direktzugang, denn die Blanko-VO ist nur ein Zwischenhalt“, so Kern.